Feministische Theologie

Frau in schöner PoseDiese neue Art der Bibelauslegung entstand in den 1960er Jahren im Zuge der Emanzipationsbewegung. Der sogenannte Feminismus machte weder bei Politik noch bei Gesellschaft halt. Er breitete sich weiter aus, bis er die Theologie erreichte. Nun muss unbedingt beachtet werden, dass hinter dieser Art der Auslegung ein modernes, humanistisches Weltbild steht, welches die Bibel kritisch hinterfragt und diese nicht mehr als die ganze und einzige Wahrheit akzeptiert. Die feministische Theologie steht außerdem in enger Beziehung zur feministischen Wissenschaftstheorie.

Grundlagen & Gottesbild

Feministisch motivierte Bibelauslegung zielt, wie jede Aktion innerhalb der Frauenrechtsbewegung, auf die Befreiung und Gleichstellung der Frau ab. Dabei ist einzuschließen, dass das biblisch häufig maskulin geprägte Bild Gottes zunehmend verweiblicht werden muss. Dabei werden nicht mehr die traditionellen Begriffe Vater, Sohn, König oder Herr in den Mittelpunkt gestellt. Feministische Theologinnen setzen vermehrt auf Rollen Gottes als Hebamme, Hausherrin, Gebärende, Mutter, Hausfrau oder die Weisheit, welche ebenfalls in weiblicher Gestalt erscheint. Denn es sei, so lautet ihr Argument, aufgrund der starken Vater-Sohn Thematik in den Evangelien die weibliche Seite Gottes, welche im Alten Testament durchaus vorhanden gewesen wäre, im Christentum verschwunden. Das Judentum hätte kein derart männliches Gottesbild, da sie weder von der Person Jesu Christi noch der seines Vaters auf diese Weise verblendet wären. Es gibt eine verschwindend geringe Anzahl solcher Bibelstellen, welche den Gott Israels mit weiblichen Attributen versehen. Diese sind das Hauptaugenmerk für das neue Gottesbild der feministischen Theologinnen.

Feministische Sichtweisen

Wo man möglicherweise meinen könnte, die feministische Theologie würde die Auslegung von der ursprünglichen Aussage der Bibel entfremden, behaupten emanzipierte Auslegerinnen es sei genau umgekehrt. Ihre Gründe wurzeln darin, dass Zeit und Kultur, aus welcher alle Bibeltexte stammen, männerdominiert waren. Weiters sei ausnahmslos jeder Autor biblischer Texte ein Mann gewesen. Diese Linie führe so weiter, da der biblische Kanon von Männern bestimmt und die Bibel an sich von je her von diesen gelehrt wurde.

Patriarchat

Großes PatriarchatDie Patriarchen des Alten Testaments sind für die Bewegung selbstverständlich ebenfalls überbetont. Dabei würden die durchaus wichtigen Frauen der Erzväter vergessen. Folglich wird auf Sara, Rebekka, Rahel und Lea nun stärkere Betonung gelegt. Manche Ausleger gehen gar so weit, dass sie von der Rettung Israels durch bestimmte Frauen sprechen. Dies fange bereits bei Mose an, welcher sein Leben der Hebamme, seiner Mutter, Schwester und letztlich der Tochter des Pharaos zu verdanken habe. Allerdings macht der Ausleger hierbei seine Rechnung, ohne die Allmacht Gottes. Von dieser ist in der Bibel aber Einiges zu lesen. Denn ist Gott wirklich allmächtig, so brauchte er Mose nicht, um Israel aus der Sklaverei zu befreien. Dass Mose sein Leben einer Reihe von Frauen zu verdanken hatte, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings hätte selbst das auch anders ablaufen können.

An der herkömmlichen Theologie wird kritisiert, dass sie Frauengestalten in der Bibel generell sehr mager behandle. So sei nie ausgeführt worden, welche Bedeutung den sieben namentlich im Alten Testament genannten Prophetinnen in der Heilsgeschichte des Volkes Israel zukam.

Frauenbild

Das Bild, welches die Bibel über Frauen vermittelt, ist ebenfalls ein großes Thema in der feministischen Theologie, welche sich als Theologie von und für Frauen versteht. Unerwünscht sind mittlerweile die Ansichten, dass eine Frau fleißig an häuslicher Arbeit zu sein habe. Auch die abschreckende Rolle mancher Frauen im Buch der Sprüche oder von Eva, welche ihren Mann zur Sünde verführte, sind in der feministischen Bibelauslegung negative Beispiele, welche als plakativ gelten. Häufig wird als Grund für diese Art der Schreibweise in biblischen Texten Bezug auf die Kultur genommen, in welcher diese entstanden sind. Die Zeit war patriarchalisch geprägt, die Frau galt als der Besitz ihres Mannes und ihr Wert wurde über die Anzahl ihrer Kinder bestimmt. So wird erklärt, dass die Frau natürlicherweise in diesen Texten als Abschreckung gebraucht werde. Derselbe Grund wird ebenfalls angeführt, um zu erklären, weshalb die weiblichen Vorbilder in den Schriften von Fleiß und Unterwürfigkeit geprägt wären. Denn das waren die gewünschten Eigenschaften einer Frau zur Zeit der Hochkulturen und in der Antike.

Jüngerinnen Jesu & Schwestern in der Urkirche

Dass Jesus Christus Jüngerinnen hatte, die ihn in seiner Wirkungszeit begleiteten und teilweise auch versorgten, ist ein Faktum, welches aus den Evangelien ableitbar ist. Auch der Apostel Paulus schreibt in einigen Briefen ausgesprochen positiv über bestimmte Frauen in den Gemeinden seines Wirkungskreises. Er beschreibt sie als Unterstützerinnen.

Frauen waren es außerdem, die zuerst von der Auferstehung Jesu berichten konnten. All das sind Themen, mit denen sich feministische Bibelausleger gerne beschäftigen, da sie es ihnen leicht machen, den Wert und die Wichtigkeit der Frauen zu thematisieren. Allerdings unterscheidet dies das Neue keineswegs vom Alten Testament. Dort sind zwei Bücher ausschließlich Frauen gewidmet. Die Bibel erwähnt Frauen zwar bei weitem nicht so häufig und ausführlich wie Männer, allerdings liefert sie vieles an wichtiger Information.

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